Rezensionen, Romane

Turtles All The Way Down („Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“)

Autor: John Green
Verlag: Dutton Books for Young Readers

gelesen auf Englisch.
Deutsche Übersetzung:
Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken

Mein erstes Buch von John Green, obwohl bereits „The Fault in our Stars“ auf meinem Bücherstapel liegt. Zu Deutsch „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, von dem ich vorher schon weiß, dass ich beim Lesen heulen werde wie ein Schlosshund…

Bei „Turtles all the way down“ geht es um Aza, ein 16jähriges Mädchen, aus dessen Perspektive das Buch geschrieben ist. Die Rahmenhandlung ist schnell skizziert: Der millionenschwere Vater eines Jungen (David), den Aza aus einem Sommercamp für Halbwaisen kennt, ist verschwunden, und ihre Freundin Daisy ist scharf auf die 100.000 Dollar Belohnung, die für hilfreiche Hinweise ausgelobt wurden. Also hoffen die Mädchen auf Insider-Infos und mogeln sich in die Nähe des Jungen. Ich möchte nicht spoilern und verrate daher nicht, wie die Suche ausgeht oder was es mit dem Reptil im Beitragsbild auf sich hat 😉 …

Interessant wird das Buch vor allem durch die komplexe Gedankenwelt, in die Aza uns hinein zieht. Es sind Zwangsgedanken, die meistens um mögliche Infektionen kreisen, denn Aza knibbelt immer wieder an einer Wunde am Finger herum, die sie sich selbst zugefügt hat. Sie selbst spricht von „Gedankenspiralen“, aus denen sie einfach nicht entkommt, obwohl sie sich mit aller Macht dagegen wehrt. Sie fühlt sich von diesen Gedanken dermaßen eingeschränkt, dass sie ihre eigene Persönlichkeit nicht zu fassen vermag. Als würden sie diese Gedanken nicht nur bestimmen, sondern auch definieren.

Ohne ihre Freundin Daisy hätte Aza vermutlich keinen Kontakt zu Gleichaltrigen. Und eigentlich möchte sie David nicht auf die Pelle rücken, doch tatsächlich findet sie in ihm einen Verbündeten, der ihre Gedankenwelt akzeptiert und versteht.

Das Schöne an diesem Buch ist gleichzeitig das Anstrengende: Azas Gedankenstrudel reißen den Leser mit in ihre qualvolle Zwangsgedankenwelt. Am liebsten möchte man diesen Gedanken eins reinhauen, damit sie Ruhe geben, denn man kann unmittelbar nachfühlen, welche Belastung sie für Aza sind. Doch auch in andere Gedanken zieht uns Aza direkt hinein. Über Freundschaft, über das Leben, über den schmerzhaften Abschied von ihrem Vater, der viel zu früh und plötzlich gestorben war. Azas Mutter möchte gerne mehr Nähe zu ihrer Tochter aufbauen, doch Aza blockt häufig ab. In erster Linie aus Angst, ihrer Mutter unnötige Sorgen zu machen.

John Green verleiht jedem Charakter eine wunderbare Tiefe, so dass bei mir während des Lesens ein richtiger Film im Kopf ablief. Die Geschichte wirkt in sich stimmig, sie ist sehr unaufgeregt und trotzdem mitreißend. Es werden nicht restlos alle Fragen beantwortet, die beim Lesen auftauchen, was angesichts der Ich-Perspektive aber nicht weiter stört.

Bei meiner Wertung habe ich lange überlegt, ob ich nicht volle fünf Sterne geben soll. Den halben Stern Abzug gebe ich schweren Herzens, weil mir das Ende des Buches zu wenig ausführlich war. Da hätte ich mir ein paar mehr Seiten gewünscht.

Trotzdem eine klare Leseempfehlung!